Und jetzt sind wir hier (1, 2/6)

Im August 2016 kommt der dreizehnjährige Anwar aus Syrien in Deutschland an. Zusammen mit seiner Familie war er vier Jahre zuvor vor dem Krieg in seiner Heimat geflohen. Nach jahrelangem Aufenthalt in einem Flüchtlingslager in der Türkei erreicht die Familie nun Berlin: Anwar, seine drei jüngeren Brüder, seine beiden kleinen Schwestern, Vater und Mutter. Wir begleiten Anwar ein Jahr lang und sind dabei, wie er Schritt für Schritt in Deutschland ankommt. Mit ihm erleben wir, was Integration bedeutet - mit allen Höhen und Tiefen, mit Zuversicht und Rückschlägen. In den ersten Wochen bleibt die Familie vor allem in der neuen Wohnung. Nur langsam verarbeitet sie die schrecklichen Ereignisse der letzten Monate und Jahre. Die Kinder genießen es, endlich nicht mehr in einem Zelt zu wohnen, sondern in einem richtigen Zuhause mit echten Betten, einer Dusche und einer Wohnungstür, die man abschließen kann. Ungeduldig warten die Kinder darauf, zur Schule gehen zu dürfen. Allmählich lernt die Familie Berlin kennen und begegnet zwischen Sankt Martin und Weihnachten den ersten deutschen Traditionen und Bräuchen. Anwar geht jetzt endlich zur Schule. Er knüpft erste Freundschaften zu anderen arabischsprachigen Jungs. Mit seinem Deutsch kommt er nur langsam voran. Die Familie muss in dieser Zeit mehrfach umziehen, weil der Vater keine Wohnung findet, in der sie länger bleiben darf. Anwar wäre überglücklich, wenn sie endlich ein festes Zuhause hätte und hat immer wieder Heimweh nach Syrien. Nach einem halben Jahr treffen die Eltern eine bedeutsame Entscheidung. Die Wohnungssituation ist so belastend, dass sie Berlin verlassen und ins Allgäu umziehen wollen. Dort leben Verwandte von ihnen in der Kleinstadt Marktoberdorf. Wieder setzt sich die Familie in Bewegung und nimmt Abschied von den Berliner Freunden. Die Ankunft in Marktoberdorf ist ein echter Tapetenwechsel. Vom lebhaften und eher anonymen Neukölln landet die Familie in einem idyllischen Örtchen, in dem jeder jeden kennt und die Uhren etwas langsamer ticken. Die syrische Verwandtschaft nimmt sie zunächst bei sich auf. Doch schon nach kurzer Zeit findet Anwars Vater eine eigene Wohnung mit unbefristetem Mietvertrag. Anwar blüht auf. Endlich hat er ein richtiges Zuhause – das erste, seitdem seine Familie vor fünf Jahren ihr Haus in Syrien zurücklassen musste. Er macht große Fortschritte beim Deutschlernen, findet Freunde unter den anderen arabischen Schülern und auch zwei deutsche Jungs aus seiner Klasse verabreden sich nach der Schule mit ihm. Während Anwar einerseits immer mehr in Deutschland ankommt, tragen ihn seine Erinnerungen andererseits immer wieder nach Syrien zurück. Die Bilder aus dem Krieg, die sich in sein inneres Auge eingebrannt haben, schiebt er am liebsten weg. Aber ab und zu setzt er sich hin und zeichnet sich diese Bilder von der Seele. In unserer Doku-Serie werden Anwars Zeichnungen mit Hilfe von einfachen, aber einfühlsamen Animationen lebendig. Sie sind ein immer wiederkehrendes Erzählmittel in unseren Filmen. Die Doku-Reihe endet nach den Sommerferien. Ein ganzes Jahr in Deutschland liegt nun hinter Anwar. Mit welchen Gefühlen blickt er auf das Jahr zurück? Mit welchen Erwartungen und Hoffnungen geht er ins neue Schuljahr? Und will er heute immer noch so bald wie möglich zurück nach Syrien oder kann er sich inzwischen sogar vorstellen, doch in Deutschland zu bleiben?

2017

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